DZI beendet Sonderprüfung: Stiftung Menschen für Menschen behält das Spenden-Siegel

Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) hat seine im Februar begonnene Sonderprüfung bei der Stiftung Menschen für Menschen, München, heute abgeschlossen und die Organisation über das Ergebnis informiert. Demnach sieht das DZI keine Veranlassung, der Stiftung das DZI Spenden-Siegel abzuerkennen, hält aber in einigen Punkten Verbesserungen hinsichtlich der Organisationsstruktur und der Arbeitsweise für erforderlich, deren Umsetzung es bei seinen jährlichen turnusmäßigen Prüfungen kontrollieren wird.

Anlass für die Sonderprüfung des DZI waren Vorwürfe, die vor allem ein früherer Großspender der Stiftung Anfang Februar gegenüber dem DZI vorgebracht hatte und zusätzlich auch öffentlich verbreitet. Der Hinweisgeber gehörte von 2010 bis Sommer 2012 auch dem Beratungsgremium der Stiftung Menschen für Menschen an. Er hat dem DZI im Rahmen der Sonderprüfung umfangreiche Unterlagen aus den Jahren seiner aktiven Unterstützung der Stiftung zugänglich gemacht und wurde vom DZI heute ebenfalls über die wesentlichen Feststellungen der Sonderprüfung informiert.

DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke fasst das Ergebnis der Sonderprüfung wie folgt zusammen: „Die Stiftung Menschen für Menschen verdient aus unserer Sicht weiter das Vertrauen der Spenderinnen und Spender und das DZI Spenden-Siegel. Im langjährigen Umgang mit dem früheren Großspender, der sich nun mit großer Wucht als Kritiker gegen die Stiftung stellt, und mit seinen beträchtlichen Unterstützungsleistungen haben Geschäftsführung, Vorstand und Stiftungsrat allerdings Schwächen in der Wahrnehmung ihrer Leitungs- und Aufsichtsverantwortung gezeigt, die durch entsprechende Verbesserungen in den Strukturen und Prozessen der Stiftung für die Zukunft behoben werden müssen. Das DZI hat neben inhaltlich begrenzten Unzulänglichkeiten in der buchhalterischen Abwicklung der langjährigen Unterstützung auch in einzelnen Bereichen der konkreten Programmarbeit gewisses Verbesserungspotential festgestellt, sieht aber die Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und bestmögliche Wirksamkeit der Stiftungsarbeit in allen wesentlichen Belangen bestätigt.“

Die Spenderberatung des DZI hat sich bei der Sonderprüfung insbesondere mit den Vorwürfen der angeblichen „Bilanzfälschung“ und der Manipulation bzw. Verschleierung von Werbe- und Verwaltungsausgaben, der wirtschaftlichen und wirksamen Realisierung von Schulbauten und weiteren Projekten in Äthiopien, der Angemessenheit der Rücklagen sowie der Höhe und Transparenz der Vergütung der Stiftungsvorsitzenden Almaz Böhm befasst. Es ist dabei zusammengefasst zu folgenden Ergebnissen gekommen:

1. Vorwurf der „Bilanzfälschung“

Der frühere Großspender hat die Stiftung Menschen für Menschen seit 2005 mit der Finanzierung von Leistungen vor allem im Bereich Werbe- und Öffentlichkeitsarbeit im Gesamtvolumen eines größeren einstelligen Euro-Millionen-Betrages unterstützt. Derartige, für die betreffende Organisation unentgeltliche Unterstützungsleistungen sind im gemeinnützigen Sektor in vielfältiger Weise verbreitet und grundsätzlich nicht zu beanstanden. Im konkreten Fall richtete der Großspender zur Abwicklung seiner Unterstützungen ein Treuhandkonto ein, auf das nach Kenntnisstand des DZI nur er selbst bzw. der von ihm beauftragte Treuhänder Zugriff hatten, nicht aber die Stiftung Menschen für Menschen. Nach Einschätzung des DZI sind über das Treuhandkonto zumindest in geringem Umfang Leistungen finanziert worden, die aufgrund einschlägiger Buchhaltungsregeln auch in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) der Stiftung hätten berücksichtigt werden müssen. Nach Kenntnisstand des DZI wurde aber unabhängig von der möglichen Erfassung solcher zusätzlichen Leistungen in der GuV das Ergebnis in den betreffenden Berichtsjahren stets richtig dargestellt. Außerdem sieht das DZI nach ausführlicher Prüfung der entsprechenden Entscheidungsprozesse und umfangreicher Buchungsbelege keine Anhaltspunkte, dass der mögliche unvollständige Ausweis einzelner Vorgänge in der Gewinn- und Verlustrechnung in Bezug auf Aufwand und Ertrag eine beabsichtigte Täuschung oder Fälschung der Vermögens- bzw. der Finanz- und Ertragslage der Stiftung darstellt. Das DZI stützt sich bei dieser Beurteilung unter anderem auf ein Gutachten der Wirtschaftsprüfergesellschaft KPMG, das von der Stiftung im Frühjahr 2013 in Auftrag gegeben und dem DZI von der Stiftung vorgelegt wurde. Den eigentlichen Vorwurf der „Bilanzfälschung“ sieht das DZI damit als entkräftet an.

2. Vorwurf der Manipulation bzw. Verschleierung von Werbe- und Verwaltungsausgaben

Da während der Zeit der Unterstützung der Stiftung über das vom Großspender eingerichtete Treuhandkonto zumindest in geringem Umfang Leistungen finanziert wurden, die aufgrund einschlägiger Buchhaltungsregeln auch in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) hätten berücksichtigt werden müssen, sind sowohl das DZI als auch die Öffentlichkeit im Hinblick auf die Werbe- und Verwaltungsausgaben der Stiftung nicht uneingeschränkt eindeutig informiert worden. Die Höhe der entsprechenden Summen ist in den betreffenden Jahren aber im Verhältnis zur Höhe der Gesamtausgaben der Stiftung so begrenzt, dass die Konsequenz maximal eine Einstufung der Werbe- und Verwaltungskosten in der DZI-Rubrik „angemessen“ (10-20%) statt „niedrig“ (0 bis 10%) gewesen wäre. Auf jeden Fall lag der Kostenanteil weit unter der Grenze von 35% der Gesamtausgaben, die in den Bezugsjahren als Obergrenze für die Zuerkennung des Spenden-Siegels festgelegt war.

3. Wirtschaftliche und wirksame Realisierung von Schulbauten und weiteren Projekten in Äthiopien

Das DZI sieht den Vorwurf der Verschwendung von Spendengeldern beim Schulneubau nicht bestätigt. Die Stiftung Menschen für Menschen konnte auch durch die Ergebnisse einer Evaluation von Schulbauten durch den TÜV-Rheinland belegen, dass neben dem Preis auch eine gute und nachhaltige Qualität der Schulgebäude für ihre Bauprojekte ausschlaggebend ist. Das DZI hat der Stiftung aber empfohlen, sich gegenüber alternativen Konzeptionen, die durch möglicherweise niedrigere Schulbaukosten gekennzeichnet sind, in zukünftigen Planungsphasen noch stärker zu öffnen.

Den weitergehenden Vorwurf der mangelnden Nachhaltigkeit von Projekten sieht das DZI im Ergebnis der Sonderprüfung nicht bestätigt. In der Vergangenheit getroffene Entscheidungen, etwa einzelne aufgebaute Krankenhäuser in die Trägerschaft von örtlichen Institutionen abzugeben, hat die Stiftung in ihren Gremien intensiv und umfassend, teilweise auch kontrovers diskutiert und dann umgesetzt. Hat sich in einzelnen Fällen dann wider Erwarten im Rahmen von Evaluationen weiterer Unterstützungsbedarf gezeigt, hat die Stiftung auch zusätzliche Mittel bereitgestellt. Das DZI hat die Stiftung im Ergebnis der Sonderprüfung gebeten, eine derartige Wirkungsbeobachtung auch abgeschlossener Projekte weiter systematisch sicherzustellen.

4. Angemessenheit der Rücklagen

Der Vorwurf des „Hortens von Spenden“ ist nach Auffassung des DZI sachlich unbegründet. Die Stiftung Menschen für Menschen kommuniziert die Höhe der Rücklagen seit langem öffentlich in ihren entsprechenden Jahresberichten und erläutert in diesem Zusammenhang auch deren Notwendigkeit, unter anderem im Rahmen der von der Stiftung zum Teil langfristig eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Projekten und Partnern.

5. Höhe und Transparenz der Vergütung von Frau Almaz Böhm

Die Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Frau Almaz Böhm, ist hauptamtlich für die Stiftung Menschen für Menschen sowie ihre österreichische Partnerorganisation tätig. Dem DZI ist die Höhe der Gesamtvergütung bekannt. Die Höhe der Vergütung liegt nach Einschätzung des DZI in Anbetracht der Größe der Organisation und des Verantwortungsumfangs im branchenüblichen Rahmen und ist insofern auch im Sinne der Spenden-Siegel-Leitlinien nicht zu beanstanden. Im Übrigen veröffentlicht die Stiftung Menschen für Menschen die Höhe des von ihr selbst zu tragenden Vergütungsanteils freiwillig in ihrem öffentlich zugänglichen Jahresbericht. Das DZI hat der Stiftung empfohlen, in diesem Zusammenhang zukünftig auch nachrichtlich den von der österreichischen Partnerorganisation übernommenen Vergütungsanteil zu veröffentlichen.

Pressekontakt:

Burkhard Wilke, Geschäftsführer und Wissenschaftlicher Leiter

Tel. 030-839001-11 und 0176-8410 5240

Pressemitteilung vom 24.07.2013 (PDF)

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