Eine Transparenzinitiative von der Zivilgesellschaft für die Zivilgesellschaft.
Seit ihrer Gründung vor zehn Jahren haben sich rund 1.400 Organisationen der Initiative Transparente Zivilgesellschaft (ITZ) angeschlossen und sich freiwillig dazu verpflichtet, wichtige Informationen über die eigene Arbeit, Struktur und Finanzen öffentlich zu machen. Die ITZ hat sich inzwischen als Einstiegsstandard in Sachen Transparenz etabliert und gewinnt stetig neue Unterzeichnerorganisationen hinzu.
Wir brauchen eine starke Zivilgesellschaft – das wird in Krisenzeiten, wie wir sie aktuell mit der Corona-Pandemie erleben, besonders deutlich. Doch zivilgesellschaftliche Organisationen können nur als Stütze der Gesellschaft fungieren, wenn sie eine breite Unterstützung innerhalb der Bevölkerung genießen. Transparenz kann den Organisationen dabei helfen, die eigene Arbeit für die Öffentlichkeit sowie Spenderinnen und Spender nachvollziehbarer
zu machen und zugleich das Vertrauen in den gesamten Sektor zu stärken. Da es in Deutschland keine einheitlichen Veröffentlichungspflichten für den gemeinnützigen Sektor gibt, hat die Zivilgesellschaft mit der ITZ ihren eigenen Mindeststandard geschaffen – auf freiwilliger Basis.
Einstieg in das Thema Transparenz
ITZ-Organisationen verpflichten sich, auf der eigenen Webseite zehn Transparenzinformationen zu veröffentlichen, dazu zählen unter anderem die Satzung, die Namen der wesentlichen Entscheidungsträger, aktuelle Tätigkeitsberichte sowie Angaben über Mittelherkunft, Mittelverwendung und Personalstruktur. Das ITZ-Team überprüft diese Informationen auf Vollständigkeit und Plausibilität und erlaubt anschließend die Nutzung des ITZ-Logos – die Qualität der Arbeit einer Organisation sowie die Richtigkeit der Angaben werden nicht überprüft. Die ITZ funktioniert nach dem Prinzip der Selbstverpflichtung und Kontrolle durch die Öffentlichkeit. Es handelt sich bei der ITZ nicht um ein Siegel. Die Hürden für eine Teilnahme sind deutlich geringer als beispielsweise beim DZI Spenden-Siegel, das nicht nur weitreichendere Kriterien, sondern auch ein umfassendes Zertifizierungsverfahren und regelmäßige Nachprüfung der geforderten Angaben beinhaltet.
Ein wichtiges Ziel der ITZ ist es, gerade kleinen Organisationen einen Einstieg in das Thema Transparenz zu bieten. Die Teilnahme ist kostenlos und die
geforderten Informationen und Unterlagen liegen den meisten Organisationen ohnehin vor oder können ohne wesentlichen Aufwand an finanziellen oder personellen Ressourcen erstellt werden. Größeren Organisationen wird empfohlen, über die zehn Grundinformationen der ITZ hinaus zusätzliche Informationen bereitzustellen und weitere Maßnahmen in Richtung mehr Transparenz und gute Organisationsführung umzusetzen – wie sie beispielsweise das DZI Siegel beinhaltet. Große Dachverbände sollten für ihre Mitgliedsorganisationen verbandliche Standards und Kodizes auf den Weg bringen, um mittels Transparenz und klarer Regeln für Ethik und Good Governance Fehlverhalten vorzubeugen. Auch hier ist das ITZ-Team gerne beratend behilflich, wie beispielsweise bei der Entwicklung des Transparenzstandards von Diakonie und Caritas, der die zehn Punkte der ITZ umfasst und an einigen Stellen noch darüber hinausgeht. Denn Skandale und Veruntreuung von Spendengeldern einzelner Organisationen schaden immer auch dem Ruf des gesamten Sektors.
Mehr Informationen unter: www.transparente-zivilgesellschaft.de
Notwendige Kontrollen
Die ITZ wurde von der Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland e.V. initiiert und wird seit ihrer Gründung von einem Trägerkreis getragen, der für die Verbreitung der Initiative sorgt und ihre inhaltliche und organisatorische Weiterentwicklung verantwortet. Das DZI
unterstützt die ITZ nicht nur als Trägerkreismitglied, sondern beteiligt sich seit 2016 in Zusammenarbeit mit dem vorwiegend ehrenamtlichen ITZ-Team von Transparency Deutschland auch aktiv bei der Überprüfung von neuen Organisationen und der stichprobenartigen Kontrolle von Unterzeichnern, die schon länger dabei sind.
Öffnung für alle Organisationen
Im Juni 2020 hat der ITZ-Trägerkreis mit der Öffnung der Initiative Transparente Zivilgesellschaft für Organisationen ohne staatlich anerkannten Gemeinnützigkeitsstatus gezeigt, dass die Zivilgesellschaft konkrete Lösungen parat hat, wo die Politik noch zögert. Hintergrund ist das lange Warten auf eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts in der noch immer andauernden Debatte um die Grenzen der Gemeinnützigkeit und die unsichere Rechtslage von Organisationen, die sich regelmäßig politisch äußern. Die Öffnung der Initiative ist somit auch ein Signal der Solidarität mit Organisationen, denen die Gemeinnützigkeit in jüngster Zeit aus formalen Gründen aberkannt wurde. Prominente Beispiele hierfür sind Attac und Campact. Zivilgesellschaftliche Organisationen können bei der ITZ nun auch ohne Gemeinnützigkeitsstatus mitmachen, wenn sie sich für das Gemeinwohl engagieren, nicht gewinnorientiert arbeiten und die Menschen- und Bürgerrechte achten. Die ITZ hat für diese Organisationen eine erweiterte Zugangsprüfung mit einer Reihe von Kriterien entwickelt.
Es gibt hierzulande mehr als 600.000 zivilgesellschaftliche Organisationen, in denen sich rund 17,5 Millionen Bürgerinnen und Bürger freiwillig engagieren. Perspektivisch möchte die Initiative Transparente Zivilgesellschaft noch deutlich mehr Organisationen erreichen und dazu beitragen, das Transparenzbewusstsein im gemeinnützigen Sektor in Deutschland weiter zu stärken. Damit ist das Ziel für die kommenden zehn Jahre gesetzt.
Maren Wagner
Transparency International Deutschland e.V.
Der Artikel erschien im Spendenmagazin 2020.
Ein ausführlicherer Beitrag zur ITZ von Maren Wagner et al. wurde in der Fachzeitschrift Soziale Arbeit des DZI, Heft 9.2021 veröffentlicht.